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Internationaler Tag der Provenienzforschung

Was Yaoundé mit dem Universitätsarchiv der LMU München verbindet

09.04.2025

Das Referat Universitätsarchiv der Universitätsbibliothek ist in erster Linie für die Übernahme von Schriftgut aus der Zentralen Universitätsverwaltung, den Fakultäten und Instituten der LMU München zuständig. Es verfügt aber auch über einige Bestände, die man nicht unbedingt erwarten würde. Lorenz Ullmann, der bis zu seinem Masterabschluss im vergangenen Herbst als studentische Hilfskraft im Universitätsarchiv tätig war, hat einen dieser Bestände nicht nur geordnet und verzeichnet, sondern ist auch dessen Provenienz nachgegangen:

Wer kolonialgeschichtliche Forschung betreibt, wird bei der Quellensuche tatsächlich auch im Universitätsarchiv fündig werden. Denn dort liegt unter anderem der Nachlass des Schutztruppenoffiziers Ludwig von Lottner, der um 1900 knapp zwei Jahre seines Lebens in der damals deutschen Kolonie Kamerun im Westen Afrikas verbrachte. Der Nachlass vereint Schrift- und Bildquellen aus Lottners Zeit als Kolonialoffizier. Das Institut für Ethnologie der LMU München gab den Bestand 2011 an das Universitätsarchiv ab. Es könnte sein, dass sich dort noch weitere Fotografien aus Lottners Besitz befinden. Eine Notiz, die zusammen mit den anderen Unterlagen ihren Weg ins Universitätsarchiv gefunden hat, legt diese Vermutung zumindest nahe. Wie, wann und warum ein Teil der persönlichen Unterlagen sowie der Fotosammlung Lottners ans Institut für Ethnologie kam, ist bisher ebenso unbekannt wie deren ursprünglicher Gesamtumfang. Auch diesbezüglich lässt ein Schriftstück im Nachlass gewisse Rückschlüsse zu. Demnach könnte das Material in den 1960er Jahren an das Institut gelangt sein, als Prof. Hermann Baumann (1902–1972) am Lehrstuhl für Völkerkunde lehrte. Aus Baumanns Nachlass wiederum, der sich ebenfalls im Universitätsarchiv befindet, geht hervor, dass dieser mehrfach mit den Unterlagen deutscher Schutztruppenangehöriger arbeitete.

Doch wer war nun eigentlich dieser Ludwig von Lottner? Eine wichtige Quelle für die Rekonstruktion der Biographie dieses Mannes ist die Offizierspersonalakte, die in der Abteilung Kriegsarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs aufbewahrt wird. Am 14. Dezember des Jahres 1872 wurde Ludwig von Lottner im niederbayerischen Herrngiersdorf geboren. Er begann seine militärische Karriere im Jahr 1891 beim königlich-bayerischen Heer und nahm gleichzeitig das Studium der Rechte an der Universität München auf. Er blieb dort Student bis 1893. Ende dieses Jahres wurde er beim 3. Infanterie-Regiment in Augsburg zum Portepeefähnrich ernannt, im Jahr darauf zum Secondleutenant befördert. Lottners Interesse am deutschen Kolonialreich offenbarte sich erstmals in einem Personalbericht vom Januar 1899. Darin steht, er habe „sich zum Kolonialdienste gemeldet und verfolgt mit großem Interesse die Vorgänge in den deutschen Kolonien.“

Am 5. Mai 1899 trat Lottner schließlich in die kaiserliche Schutztruppe für Kamerun über. Im Dienstverhältnis als Schutztruppenoffizier kam es für ihn zu ersten militärischen Einsätzen. Ab dem 19. August 1899 beteiligte sich der Niederbayer am sogenannten Wute-Adamana-Feldzug, der im Dezember des Vorjahres begonnen hatte. Am 1. November 1899 wurde Lottner im Gefecht beim Sturm auf Hitscholle schwer verwundet. Nach mehrtägigem Rücktransport gelangte er wieder in die Militärstation Jaunde, zu deren Leiter er etwa eine Woche zuvor ernannt worden war. Lottner erholte sich von seinen Verletzungen, so dass er noch ein Jahr lang in Kamerun bleiben konnte. In dieser Zeit widmete er sich seinen Aufgaben als Stationsleiter und nahm an zwei weiteren militärischen Expeditionen gegen die Bevölkerungsgruppen der Logne-Gane und Mangissa teil. Daneben beschäftigte sich Lottner mit der Idee einer deutschen Kolonialarmee. In autobiografischen Aufzeichnungen, die Teil des Nachlasses im Universitätsarchiv sind, geht er näher darauf ein. Dasselbe Manuskript offenbart auch Lottners wirtschaftliches Denken über die Kolonien sowie sein Interesse an der Jagd auf afrikanische Elefanten. Von seinem Stationsalltag in Jaunde zeugen außerdem mehrere Fotografien in seinem Nachlass. Sie zeigen unter anderem Stationsgebäude in Jaunde, afrikanische Kriegsgefangene und die Elfenbeinausbeute der Region. Auch eine Aufnahme Lottners mit zwei kleinen Elefanten ist erhalten geblieben. Insgesamt blieb Lottner bis Ende des Jahres 1900 in Kamerun. Wieder zurück in Deutschland beendete Lottner 1901 sein Dienstverhältnis bei der Schutztruppe und kehrte 1902 ins königlich-bayerische Heer zurück. Dort tat er seinen Dienst beim 16. Infanterie-Regiment in Passau. Ein Jahr später folgte Lottners Beförderung zum Oberleutnant. Im Dezember 1906 schied er auf eigenen Wunsch aus dem Militärdienst aus. Am 10. Oktober 1914 fiel Lottner im Ersten Weltkrieg als Führer einer bayerischen Reservekompanie an der Westfront in Frankreich in Bois brûle bei Apremont.

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Offiziershaus in Jaunde

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Ludwig von Lottner mit zwei jungen Elefanten

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Ludwig von Lottner im Garten von Jaunde


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